in der Galerie Deschler, Berlin (D).
Vor einiger Zeit habe ich gesehen, dass ein sogenannter Facebook-Freund das selbstgeschossene Foto eines Obdachlosen gepostet hat. Abgesehen davon, dass es eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist, hat er dies nicht aus Mitgefühl gemacht. Ganz im Gegenteil hat er dem am Boden liegenden verbal nachgetreten und dessen trauriges Schicksal verhöhnt. Deborah Sengl zur Entstehung ihrer neuen Serie
Unglücklicherweise ist diese Ignoranz und Selbstdarstellung über das Leid anderer kein Einzelfall. Die andauernde Krisenstimmung unserer Zeit und das damit einhergehende Wachsen des sozialen Gefälles schüren Angst und machen uns zu blinden KämpferInnen um die eigene Haut.
Dicht nebeneinander sind Reichtum und Armut in fast allen Ländern zu finden. Konsum gibt uns die Sicherheit, Teil einer scheinbar funktionierenden Gesellschaft zu sein. Markenprodukte unterstreichen hierbei unsere jeweilige Zugehörigkeit. Auf unserer Suche nach materieller Befriedigung übersehen wir leider sehr oft die Menschen, deren existenzieller Spielraum vor den Türen der Einkaufstempel endet. Die Augen davor zu verschließen macht sie unsichtbar und dadurch unser Gewissen rein.
In ihrer Arbeit „Home Story“ stellt die Wiener Künstlerin eben diese beiden Extreme von Wohlstand und Mittellosigkeit unübersehbar gegenüber. Das Thema Schlafen bzw. Obdach spielen hierbei genauso eine Rolle wie der abgeklärt gedankenlose Umgang mit den Menschen am Rande der Gesellschaft. Weiters möchte Deborah Sengl dazu anregen, über das Korsett unserer unstillbaren Gier nach Besitz nachzudenken. Macht uns dieser soziale Druck nicht auch unfrei und dadurch arm? Und ist das Gegenteil davon – abseits jeder Romantisierung – nicht die ehrlichere Existenz?
Auch Sengl betont, dass sie keine Lösung für die Ungerechtigkeiten unserer Zeit hat. Ein offenerer empathischerer Blick auf unsere Umwelt wäre aber sicherlich schon ein erster guter Schritt …
Ausstellungsdauer: 11. September – 24. Oktober 2015
Foto: Sebastian Philipp